„Milton’s Tower – oder die schönheit der dinge“ – Besuch bei Proben zum inklusiven Bühnenstück der Freien Bühne München

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„Das ist unser Leuchtturm und er ist wunderschön, weil hier das Gras unter all den Sternen leise schläft.“ heißt es im Theaterstück „MILTON’S TOWER – oder die schönheit der dinge“.

Schauspielerin Magdalena Meier

Die Poesie der obigen Zeilen steht für den Zauber, der die aktuelle Produktion der Freien Bühne München prägt. Den Text geschrieben hat die junge Autorin Antonia Neumayer. „Ihre große Leidenschaft gehört der Fantastik„, schreibt ihr Verlag über sie und entsprechend bewährt hat sich die Zusammenarbeit mit der Freien Bühne München bei diesem Stück, in dem behinderte und nicht behinderte DarstellerInnen gemeinsam spielen. Dass die Dialoge dennoch auf die jeweiligen SprecherInnen zugeschnitten wirken, liegt an der Art, wie dieses Stück erarbeitet wurde, nämlich in einer Reihe von improvisatorischen Prozessen, wie mir die Autorin nach der Probe erläuterte. Sie habe dann die Dialoge in eine feste Form gegossen.

Jan Meyer, künstlerischer Leiter der FBM und Regisseur des Stücks, entwickelte daraus eine fantastische Reise durch die Welt der Ängste und Träume, auf die uns die fünf Protagonisten mitnehmen, auf der Suche nach sich selbst. Sie alle hat es auf einen Leuchtturm verschlagen, um dessen Erhalt sie sich kümmern. Dabei hat ein Sturm sie ganz auf sich  zurückgeworfen.

Von links: Ernst Strich, Magdalena Meier, (halb verdeckt) Luisa Wöllisch, Dennis Fell-Hernandez, Regina Gommel, in einer Szene aus „Milton’s Tower“, einer Produktion 2017,  der inkulsiven Freien Bühne München

Eine im Film und auf der Bühne häufiger gewählte Ausgangssituation, die hier jedoch eine ganz neue Perspektive entfaltet, auf Grund der Impulse, die die behinderten Mitwirkenden in das Spiel einbringen. Zu Unrecht wird inklusive Theaterarbeit oft mit einer gönnerhaften Haltung quittiert, nach dem Motto: „Soll den armen Behinderten doch auch einmal die Freude des Mitspielens vergönnt sein“. Diese Haltung entspringt reiner Unkenntnis. Vielmehr erlebe ich bei integrativen Inszenierungen, dass sie dem Publikum eine erweiterte Perspektive auf die Welt bieten, gerade dadurch, dass behinderte Mitmenschen, auf Grund ihrer besonderen Lebenssituation, eine ganz eigene und auch bewusstere Sichtweise auf das Leben mitbringen, als es in herkömmlichen Biografien der Fall ist, in denen so viel mehr selbstverständlich scheint.

Inklusion – das bedeutet Vielfalt als Gewinn, ein buntes Miteinander, ohne Ausgrenzung, Diskriminierung und Behinderung durch Barrieren.

Zitat von der Homepage der Freien Bühne München in ihrer Selbstdarstellung „WIR
Der Theaterwissenschaftler und Regisseur Jan Meyer, hier bei den Proben zu „Milston’s Tower“ (15.9.17), ist auch künstlerischer Leiter der Freien Bühne München

Nicht durch die schlichte szenische Wiedergabe gesellschaftlicher Normen fesselt mich ein Stück , sondern dadurch, dass mich sein Spiel darüber hinaus führt, zu neuen Überlegungen und – im besten Fall – Erkenntnissen. Und das Ganze bitte für mich in jenem Bühnenmodus, der – jenseits aller Kopflastigkeiten – schlichtweg verzaubert, durch Darstellung, Licht, Requisiten und einer ganzen Kaskade inszenatorischer Ideen. Für mich ist das der Magnet, der mich, trotz aller modernen Medien, noch immer ins Theater zieht und erklärt, warum sich diese Kunstform nicht schon mit den klugen Alten Griechen erschöpft hat, die bereits damals alle großen und kleinen, ewigen Themen des Menschen in Szene setzten. Auf all diese wunderbaren Zutaten des Theaters traf ich gestern, obwohl noch längst nicht alle Lichteffekte zum Einsatz kamen, und die Texte noch nicht komplett verinnerlicht waren.

Luisa Wöllisch wurde an der Freien Bühne München zur Schauspielerin ausgebildet

Besonders verzaubert hat mich das Spiel von Luisa Wöllisch, die zu jenen Künstlerinnen und Künstlern gehört, bei denen eine unerklärliche Ausstrahlung einsetzt, sobald sie eine Bühne betreten. Neben dieser Qualität kommt bei ihr aber auch solide erlerntes Handwerk hinzu:

Nach ihrem Schulabschluss begann sie 2014 eine Berufsqualifizierende Maßnahme an der Freien Bühne München. Seitdem ist sie fester Teil des Ensembles.

2016 spielte sie in ihrem ersten Kinofilm „Die Grießnockernaffäre“ mit.

Ab 2018 wird sie neben ihrer Tätigkeit als Schauspielerin zum ersten Mal auch als Schauspielcoach für die Freie Bühne tätig sein

Quelle: > Homepage der Freien Bühne München

Die Freie Bühne München ist das erste inklusive Theater in Bayern. Entsprechend ihrem Anspruch, Talente zu entdecken, zu fördern und Räume zum Ausprobieren zu schaffen. Schauspieler, Techniker, das Regieteam, mit und ohne Behinderung, sind Kollegen auf Augenhöhe, die gemeinsam professionell Theater machen.


Aktuelle und weitere Trailer und Teaser auf der vimeo-Seite der FBM


Veröffentlicht von Gaby dos Santos

GdS-Blog, Bühnenproduktionen (Collagen/Historicals), Kulturmanagement/PR > gabydossantos.com

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