„Romeo und Julia“ inszeniert mit Wortwitz und Italo-Hits, als italienisch-angelsächsischer Clash der Kulturen, von Theatermacher Michael Tasche

Es gehört einiges an dramaturgischer Kunstfertigkeit dazu, in einem Stück gefühlt jedes einzelne Klischee zum gegebenen Thema zu bedienen, ohne in Platituden abzudriften. Theatermacher Michael Tasche (www.tasche-shows.de ) gelingt es mit „Italia con amore“, einer fulminanten Revue, die Shakespeares „Romeo und Julia“ anhand von Italo-Hits aus den letzten 50 Jahren nacherzählt. Dass hier kulturell Welten aufeinander prallen, nämlich der pragmatische Mutterwitz „dell‘ Italiano“ mit dem angelsächsischen Gusto an Irrungen und Wirrungen einer durch Konventionen und Familienfehden zum Scheitern verurteilten Liebe. Entsprechend lässt der italienische Protagonist weder mimisch noch verbal Zweifel daran, dass Romeo einfach kein echter Italiener sein kann, denn ein solcher würde dem Hin und Her der Handlung ein rasches Ende setzen und die Angebetete in direttissima erobern!

Facettenreich: Sängerin Lipa Majstrovic spielt nicht, sie IST la Mamma!

Molto all’italiana präsentiert sich auch die Figur der mamma. Sie dominiert das Stück, dank einer hinreißenden Lipa Majstrovic, der es mit schierer Mimik, wie dem Heben einer Augenbraue gelingt, die Szene ganz für sich einzunehmen, selbst in Momenten, in denen sie kein Wort spricht. Lipa ist als stimmgewaltige und vielseitige Sängerin seit Jahren in der Münchner Szene etabliert; nun gelingt es ihr, auch noch als Schauspielerin gewaltig zu punkten. Das Publikum dankte es mit entsprechend großem Einzelapplaus beim Finale. Verdientermaßen, denn Lipa spielt nicht die „mamma“, sie IST die „mamma“, in deren „OSTERIA AZZURO“ das Shakespear’sche Drama seinen Lauf nimmt, als Stück im Stück, mit einem Feuerwerk an originellen Gags, Regie-Einfällen und gekonntem Licht-Einsatz. Selten so gelacht – und das zu Recht und sogar mit bildungsbürgerlich gutem Gewissen, hatte Shakespeare sein Stück doch eigentlich selbst als !Komödie konzipiert, wie mir Michael Tasche in der Pause erläuterte.

Julia (,Melanie Oster) ist scheintot, Romeo (Michael Odendahl) im Begriff, Gift zu trinken, dahinter die omnipräsente „mamma“ (Lipa Majstrovic) – Wirtin der OSTERIA AZZURRO

Bei seiner Umsetzung greift Michael Tasche derart gekonnt Eigenarten des italienischen Selbstverständnisses auf, dass ich ihm glatt einen italienischen Background zuordnen würde, wie dem meinen, mit einer in Italien verbrachten Kindheit und Jugend. Tief dringt er in das Wesen des UR-Italienischen vor und überrascht mit Details, wie zur Pause die Einblendung „Fine Primo Tempo“, wie sie im Italienischen gebräuchlich, aber hierzulande kaum geläufig sind (s. Titelbild). Einen genialer Coup stellt die Einblendung einer „eins-zu-eins“ Übersetzung der italienischen Schlagertexte ins Deutsche dar, die mir veranschaulichte, wie sehr sich doch die italienische von der teutonischen Mentalität unterscheidet. Dadurch sorgen die verdeutschen Text-Einblendungen zusätzlich für komische Momente und liefern, als Nebeneffekt. eine unterhaltsame Abhandlung zu „Trivialität in Schlagertexten“. Wobei sich im Italienischen der Spielraum zwischen Gefühl und Gefühlduselei großzügiger gestaltet, als im Deutschen. Das war mir, da ich in beiden Sprachen denke, zuvor noch nie so bewusst. 😉

Melanie Oster und Lipa Majstrovic singen einen 70-Jahre Hit von Raffaella Carrà, unter der Texteinblendung der deutschen – eins zu eins – Übersetzung

Unabhängig davon erinnert uns alle die Melodik von Italo-Hits an irgendwelche bittersüßen Liebesgeschichten in der eigenen Biografie, an unerfüllte Sehnsüchte und verklärte Italien-Aufenthalte, Meer und Strand inklusive …

Kein Wunder, dass bei dieser Mischung aus gelungener Situationskomik und Italo-Hitparade. auch an diesem Mittwoch, bei der X-ten Reprise des Musicals, das Theater Drehleier erneut brechend voll war. Ich teilte mir den Tisch mit einer größeren Gruppe, von denen einige schon zum zweiten Mal die Aufführung besuchten und bereits ein da capo in diesem Herbst planen, wenn das Stück im Theater Drehleier in Reprise geht.

Verdienter Schlussapplaus: Michael Tasche, Autor und Regisseur des Musicals, ganz rechts, links neben ihm Manfred Manhart (Piano/Keyboards, musikal. Leitung), Bildmitte: Christoph_Schultheiss (Gitarre), links Sänger Sandro Luzzu


V.li: Michael Odenthal, Sandro Lazzu, Melanie Oster

Mehr zum Ensemble

MICHAEL TASCHE – Buch und Regie
Nachdem er selbst in zahlreichen Musicals auf der Bühne gestanden hat, wechselte er zunächst zum Fernsehen, um nach Jahren reumütig zum Theater zurückzukehren. „Vom Geist der Weihnacht“ war das erste seiner inzwischen sechs Musicals.

Musik

Manfred Manhart – Musikalische Leitung, Piano/Keyboards
Christoph Schultheiss – Gitarre

Darsteller (alphabet. Reihenfolge):

Sandro Luzzu, Lipa Majstrovic, Michael Odendahl, Melanie Oster



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Tasche Shows


Veröffentlicht von Gaby dos Santos

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