Ibsen und die Frauen … Ein ewiges Mysterium in Buchform, präsentiert von Gunna Wendt bei den ZONTA-Frauen/Club Fuenfseenland, auf Schloss Höhenried

Lange vor Rudolph Moshammer in seiner Boutique und Hollywood-Produzent Bernd Eichinger im ursprünglichen Schuhmann’s, galt im ausgehendem 19. Jahrhundert ein skandinavischer Literat als DAS touristische Aushängeschild der Münchner Maximiliansstraße: Henrik Ibsen. Er residierte dort, wo sich bis vor kurzem Gabriel Levys altes Café Roma befand und inzwischen ein Gucci-Store Einzug gehalten hat. Hof hielt er, indem er seine Umwelt keines Blickes würdigte, sondern gesenkten Hauptes über seiner Feder grübelte. Daher – so wird kolportiert – ersetzte man ihn bei Abwesenheit problemlos durch ein Double …

An dieser Stelle der Münchner Maximilianstraße (heute ein Gucci-Laden, während das ROMA ein Haus weiter gezogen ist), befand sich einst das historische Café, in dem Henrik Ibsen seinerzeit, im ausgehenden 19. Jahrhundert, als Touristenmagnet fungierte.
Bildauss. © Thomas Stankiewitz/AZ, Bildauss. IBSEN: Schaarwächter, Berlin 1891

Diese und andere spannende Begebenheiten rund um Münchens seinerzeit berühmtesten „Gastarbeiter“ schilderte Gunna Wendt im Rahmen einer Lesung aus ihrer literarischen Biografie Henrik Ibsen und die Frauen, im noblen Ambiente von Schloss Höhenried.

Schriftstellerin GUNNA WENDT am Eingang von Schloss Höhenried am Starnberger See, re. die Rückansicht

Wer ein wenig mit Gunna Wendts Werk vertraut ist, weiß, dass Frauen, beleuchtet in deren soziologisch-historischem Kontext, im Mittelpunkt der meisten ihrer Bücher stehen, womit sie der Kulturgeschichte, in der Frauen bis heute meist Randnotizen bilden, einen Dienst erweist. Eine schillernde Persönlichkeit und besondere Begabungen zeichnen Gunna Wendts Protagonistinnen aus, doch auch heftige Brüche in deren Lebensläufen, zurückzuführen auf die Unfreiheit und Diskriminierungen, denen Frauen sich damals ausgesetzt sahen.

Dass in vorliegendem Buch von Gunna Wendt ein Mann im Mittelpunkt steht, stellt hierbei keinen Widerspruch dar, denn – starke – Frauen spielten für Ibsen eine in dieser Epoche und für einen Mann außergewöhnliche Rolle, sowohl in seiner Literatur, wie auch im Leben. Allerdings fällt es schwer mir vorzustellen, dass dieser ein wenig grimmig wirkende, weißbärtige Literat unsterbliche Frauenfiguren schuf, wie Hedvig aus Die Wildente, Hedda Gabler, Nora, Hilde aus Baumeister Solness oder Helene aus Gespenster. Aber er beschränkte sich nicht auf die Darstellung weiblicher ProtagonistInnen, sondern entlarvte die gesellschaftlichen Mankos seiner Zeit insgesamt: In den Lebensgeschichten und -katastrophen, die er auf die Bühne brachte, erschien die Kleinfamilie als Keimzelle der bürgerlichen Gesellschaft, die der Frau keine Entfaltungsmöglichkeiten bot und das Glück aller, auch des Mannes, erstickte. (…) > MEHR im Literaturportal Bayern

Dafür erlangte er schon zu Lebzeiten Kultstatus, vor allem bei jüngeren Intellektuellen, die sich vielfach zu „Ibsen“-Clubs zusammenschlossen.

Den Büchertisch stellte Lentner am Marienplatz, die älteste Buchhandlung Münchens
> Bestell-LINK zum Buch

Die Vordenkerrolle, die der norwegische Schriftsteller international einnahm, ist ein spannender Aspekt, mit dem sich Gunna Wendt in Buch und Lesung ausführlich auseinander setzte: Vergleichbar mit den späteren literarischen Idolen der Beat-Generation, wie Allen Ginsberg oder Jack Kerouac beispielsweise, faszinierte Ende des 19. Jahrhunderts das literarische Werk Henrik Ibsens weite Teile einer jungen Generation auf der Suche nach neuen Lebensmodellen.

Mit seiner Hedda Gabler überstrapazierte Ibsen allerdings die bildungsbürgerliche Akzeptanz seiner gewagten Dramen endgültig: Eine unglücklich verheiratete Frau zerstört die Zukunft ihres ehemaligen Geliebten, treibt ihn in den Selbstmord, wozu sie ihm dazu auch noch die Pistole aushändigt und richtet sich am Ende selbst.

– Viel zu viel Selbstbestimmung auf amoralischem Niveau!
Peng! Peng! und nochmals Peng! auf die guten Sitten! Damals ein Skandal! –

Das Stück wurde am 31. Januar in München im Königlichen Residenztheater (heute bekannt als Cuvilliés-Theater ) uraufgeführt und geriet zu einem veritablen Fiasko. Kurz danach verlies Ibsen seine langjährige Wahlheimatstadt für immer und unserer München war um eine Touristenattraktion ärmer. Vorerst … 😉

Schriftstellerin GUNNA WENDT während ihrer Lesung im ZONTA Club Fünfseenland
aus ihrer literarischen Biografie Henrik Ibsen und die Frauen auf Schloss Höhenried

Die wechselvollen biografischen Stationen Ibsens, die sie im Buch nachzeichnet, sparte Gunna Wendt aus Zeitgründen in ihrer Lesung aus. Vielmehr konzentrierte sie sich auf die Charakterisierung der Frauengestalten in Ibsens Werk und auf dessen inspirierende Wirkung auf zeitgenössische Künstlerinnen, die emanzipatorisch ihrer Zeit weit voraus waren, wie die Schriftstellerin Lou Andreas Salome, die Malerin Paula Modersohn-Becker oder die legendäre Ikone der Münchner Gründerzeit-Bohème, Franziska zu Reventlow. Alles Frauen, denen Gunna Wendt bereits eine eigene Biografie gewidmet hat, Paula Modersohn-Becker sogar ihre Magisterarbeit. Mit ihrem aktuellen Buch schließen sich also auf vielfältige Art Kreise.

Ihr sei, schrieb Franziska zu Reventlow an ihren Lübecker Jugendfreund Emanuel Fehling am 22. April 1890,  seit sie Ibsen kennengelernt habe, „eine neue Welt aufgegangen von Wahrheit und Freiheit; ich möchte ins Leben hinaus und für diese Ideen leben und wirken; aber bei diesem Zuhauseleben sind mir ja die Flügel geschnitten“. Damit war sie nicht allein: Ludwig Klages sprach von einem „Ibsenzeitalter“, Karl Wolfskehl erinnerte sich an seine „Ibsenjugend“, Paula Modersohn-Becker schrieb von der „Ibsenperiode“, die sie gerade durchlebte. (…) > MEHR im Literaturportal Bayern.

Gunna Wendts Thematisieren großer Frauenfiguren, sowohl im echten, wie im fiktionalen Leben Ibsens, fügte sich hervorragend auch in die ideelle Ausrichtung des gastgebenden Vereins der Frauen des > ZONTA-Clubs Fünfseenland.

Links Nikola Bachfischer, PR-Beauftragte des > ZONTA-Clubs Fünfseenland, vor Schloss Höhenried,
rechts das offizielle Banner im Veranstaltungssaal von Schloss Höhenried

Zonta International (ZI) ist ein weltweiter Zusammenschluss berufstätiger Frauen in verantwortungsvollen Positionen, heißt es in der Selbstdarstellung auf der Hompage der Dachorganisation ZI und weiter: Ihr gemeinsames Ziel (ist es), die Lebenssituation von Frauen im rechtlichen, politischen, wirtschaftlichen und beruflichen Bereich zu verbessern.

Die Bilanz seit der Gründung 1919 in den USA ist beachtlich: Inzwischen existieren über 1.100 Zonta-Clubs in 63 verschiedenen Nationen, mit 28.000 Mitgliedern! Damit stellt Zonta etwas dar, das man zur Schließung von Gender Gaps und zur Verwirklichung eines Equal Pay weiblicher Arbeitskräfte noch viel zu selten antrifft: Ein potentes Frauennetzwerk, das sich die Förderung von Frauen sowohl auf nationaler, wie auch internationaler Ebene auf die Fahnen geschrieben hat.

Zonta ist Begegnung – weltweit!

Das Motto von Zonta International (ZI)
Gaby dos Santos unter steinernen Engeln im Park von Schloss Höhenried

Wie eigentlich immer, wenn ich mit Gunna Wendts Werk in Berührung komme, sende ich Dankeshymnen in Richtung Himmel, dass ich in einer Zeit lebe, in der es zwar noch einiges in Bezug auf Geschlechter-Gleichheit zu tun gibt, ich als Frau UND als weibliche Kunstschaffende jedoch über stets über soviel Spielraum verfügt habe, um mir mit den Jahren ein eigenes Standing auch unter den noch immer zahlreich in meiner Branche vertretenen Chauvinisten Alter Schule zu erkämpfen. Allerdings öfter mit Wildwest-Diplomatie, als mit der feinen englischen Art. Es blieb mir keine andere Wahl, die aber hätte ich ganz gerne gehabt, statt eines Rufes wie Donnerhall in meinem Umfeld.

Zusammenhalt jedoch stärkt nachhaltig; nicht zuletzt in der KünstlerInnen-Szene. Dafür steht auch meine Freundin und Kollegin, die Pianistin und Performance-Künstlerin Masako Ohta, Trägerin des Musikförderpreises der LH München, die ebenfalls zu Gunnas Lesung erschien. Wir drei Frauen sowie Dr. Franz Klug, Geschäftsführer von Lentner am Marienplatz, der den Büchertisch gestellt hatte, traten gemeinsam den launigen Heimweg an, nach einem gelungenen Benefiz-Abend, dessen Erlös für regionale Zonta-Projekte gespendet wurden.


Titel-Foto sowie links:

Die Autorin Gunna Wendt (Mitte) mit der Vize Präsidentin des Zonta Club Fünf-Seen-Land Julia Kusterer (rechts) und Marlen Peix, Schriftführerin des Zonta Club Fünf-Seen-Land und Organisatorin des Abends (links im Bild)
© Foto ZONTA Club Fünfseenland


Henrik Ibsen und die Frauen
Literarische Biografie von Gunna Wendt

kaisermaximilian jagdbuch

ISBN 978-3-99039-186-0 / Limbus Verlag
Aus der Reihe:  Limbus Preziosen
Gebunden mit Lesebändchen, 224 Seiten, EUR 18,-

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Veröffentlicht von Gaby dos Santos

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