Jazz-Sänger „Crooner“ Thomas de Lates – Erfolgsgeschichte eines Quereinsteigers

Thomas de Lates singt …, hieß es urplötzlich, vor ca. 17 Jahren, in der Rundmail meiner langjährigen kulturellen Weggefährtin und inzwischen auch Freundin Petra Windisch de Lates.

Thomas de Lates und Petra Windisch de Lates

Ich stutzte, wie wahrscheinlich ein Großteil der Münchner Szene. Thomas de … WER? – War das am Ende wieder so jemand, der aus dem Nichts heraus die Chuzpe besaß,  sich auf einer Bühne „selbstdarstellen“ zu wollen? Jemand, der meinte, von jetzt auf gleich in die übergroßen Fußstapfen jener treten zu können, die nicht nur über tatsächliches Talent verfügen, sondern auch Jahre in künstlerische Work Outs und Klinken putzen investiert haben und auch weiter investieren? Denn leider wimmelt es in den Künstlerszenen dieser Welt auch von eben jenen Möchtegerne, die, angelockt vom Scheinwerferlicht, nichts weiter darstellen, als personifizierte Selbstüberschätzung! Kein Wunder daher, dass selbst QuereinsteigerInnen, die sowohl Talent wie auch die Bereitschaft zu Hingabe und lebenslangem Lernen mitbringen, zunächst einmal negativ beäugt werden, nach dem Motto: Da kann ja jede/r kommen!

Dabei entscheiden sich heutzutage immer mehr Menschen dazu, der zweiten Hälfte ihres Lebens ein neues, oftmals der Kunst gewidmetes Kapitel hinzuzufügen. Damit sind sie Chance und Potential einer immer älter werdenden Gesellschaft. Deshalb hätte ich auch ein wenig mehr Zurückhaltung seitens der selbsternannten, aber darum nicht weniger nervigen Jazzpolizei begrüßt, die sich leider immer wieder auch prominenter Medien bedient, um niederzuschreiben, was aus (rein subjektiver) Perspektive ihren Maßstäben nicht gerecht wird. Bei Thomas wurde dabei teileweise und entgegen aller Regeln eines seriösen Journalismus, sogar deutlich unter die Gürtellinie gezielt! Glücklicherweise gibt es jedoch nichts Überflüssigeres, als die Druckerschwärze der Tageszeitung von gestern …

Thomas de Lates reagierte betroffen, ließ sich aber zum Glück nicht davon abhalten, seinen Weg unbeirrt fortzusetzen, wie in der unterhaltsamen Kurzbiografie nachzulesen ist, die das Jazzfest München 2015, anlässlich seines Auftritts mit dem Andi-Lutter-Trio veröffentlichte:

Nachkriegszeit in Deutschland: Um nach der Flucht aus Budapest erfolgreich die Familie durchzubringen, singt die Mutter in US-Offizierclubs – hauptsächlich Operettenmelodien (meist a capella). Und zuhause, beim Abwaschen, lehrt sie den Sohn ungarische Volkslieder. Der Vater hört abends Schellackplatten mit Zigeunermusik. Das prägt. Dann, wegen schlechter Englischnoten: nachdrücklich verdonnert zu Radio Time, nämlich AFN – und zwar all day long! Also: Country Western, Musical-Melodien und Boogie Woogie. Und nach Schulschluss, in der Eisdiele: Elvis aus der Music-Box, just for fun. Resultat: Klassenbester im Fach Englisch. Auch das prägt. Am Gymnasium wirkungsvoller Musikunterricht mit Klassik von Bach bis Bartók, von Susato bis Stravinsky. Und schließlich, auf einer Party im Service-Club der Münchener Henry-Kaserne: die Begegnung mit einer (unerreichbar) schönen Army-Angestellten, Grapefruitsaft aus der Dose und Jazz von Dave Brubeck – „Time Out“! Das prägt – und infiziert endgültig mit dem Jazz-Virus.

Der große Jazzpianist Joe Haider in den 70er Jahren Foto: Sepp Werkmeister

Von da an Jazzabende im Schwabinger Domicile –

Andächtig Joe Haider, Pony Poindexter und Dollar Brand gelauscht. Zuhause ausgiebige LP-Sessions mit Musik von Arlen bis Zawinul; zugleich auch dar ganze Pop – von den Beatles bis zu Zappa.

Später perkussive Weltmusik – von Algerien bis Zimbabwe, von Amerika bis Asien.Eine folgenreiche Bildungsreise durch den musikalischen Kosmos, von E bis U.

Und dann: in einem Schwabinger Musikclub, ein Geburtstags-Ständchen für die Freundin („You Go To My Head“), am Klavier der Friedrich-Gulda-Schüler Edgar Wilson. Daraufhin die prompte Empfehlung der Clubchefin und Popsängerin Linda Jo Rizzo: „Ou, dou hasd ain woundebahr Stieme – du musd uhnbediengd was mahken!“

Ein Jahr später folgt der erste Gig, Dezember 2003.

„As Time Goes By“ – Unvergessen Toms Interpretation des Klassikers aus „Casablanca“ zu meinem 60. Geburtstag

Inspiriert von Vocal Heroes wie Johnny Hartman, Tony Bennett, Mark Murphy, Kurt Elling und Alan Harris sowie von Jazz-Divas wie Sarah Vaughan, Ella Fitzgerald, Carmen McRae, Cleo Laine und Dianne Reeves, kultiviert Thomas de Lates seither als markanter Crooner vor allem das klassische Repertoire aus der goldenen Ära amerikanischer Swing- und Jazz-Standards. Flankiert von namhaften Musikern der Münchener Jazzszene, begeistert er mit seinem samtigen und ausdrucksstarken Bariton das Publikum durch Hingabe, souveräne Werkstreue (…) und einer Gefühlstiefe, der Mann und Frau sich nicht entziehen kann 😉

Zunächst getrieben von einer Mischung aus Neugier und Solidarität für QuereinsteigerInnen, wie auch ich eine bin, besuchte ich das erste Konzert von Tom, auf das schon bald weitere Besuche folgten, denn ich mochte auf Anhieb Toms schnörkellose aber gefühlvolle Interpretationen der amerikanischen Evergreens, die vor meinem inneren Auge die Welt der großen Hollywood-Held*Innen und ihrer Romanzen in Moll, Samt und Seide heraufbeschwören …

Unvergessen sein Geburtstagsständchen zu meinem 60: As Time Goes By … You just remember this … Zum Dahinschmelzen, ebenso wie der selten gewordene K & K (königlich-kaiserliche) Charme, mit dem Crooner Thomas de Lates seine Auftritte moderiert. Von Billy Strayhorn auf Anhieb zutiefst beeindruckt, begann er vor einigen Jahren, sich intensiv mit dessen Kompositionen zu befassen. Das Ergebnis: eine erlesene Auswahl von Werken, um die Genialität dieses Jazz-Giganten beispielhaft zu präsentieren. Die musikalische Hommage, in Zusammenarbeit mit dem Andy-Lutter-Trio, fand so starken Anklang, dass sich daraus schließlich die Einladung zu einem entsprechenden CD-Projekt ergab, nämlich THE MAN BEHIND – aufgenommen im Münchener Artist-Studio und dann vorgestellt im renommierten Münchener Jazzclub Unterfahrt sowie im Bayerischen Rundfunk!Die CD-Produktion fand auch bei der US-amerikanischen Billy-Strayhorn-Foundation so große Beachtung, dass Video-Ausschnitte der Release-Aufführung (s. obiges Video) auf deren Homepage übernommen wurden.

Gerade kommt der Crooner von einem erfolgreichen Gastspiel im Duo mit Pianist Oliver Hahn aus Passau zurück, mit einer so positiven Kritik im Gepäck, dass die Skeptiker der ersten Stunden ein für alle Mal verstummen dürften.
(S. Abb. links)

Neben seinen eigenen Auftritten organisiert er mit Frau Petra auch regelmäßig Wohnzimmer-Konzerte, die sich regen Zulaufs erfreuen und sich in einem gesonderten Artikel beschrieben finden: Salon reloaded



1.1.2019: Erste Besprechung von Gaby dos Santos mit dem neuen Ersten Vorsitzenden der Kulturplattform jourfixe-muenchen, kommissarisch vom 2019 – 2020

Apropos QuereinsteigerInnen: Zu dieser neuen Gattung zählen nicht zuletzt ich selbst wie auch die britische Sängerin, Performerin, Dozentin und Leiterin des  Institute Of Charismology, Naomi Susan Isaacs >



Veröffentlicht von Gaby dos Santos

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