Der Ukrainekrieg diskutiert aus weiblicher Perspektive beim Christinnentag 2023 des Forums Kirche und SPD im Bayerischen Landtag; Gastgeberin Diana Stachowitz

Mit einem Sexstreik wollten schon 400 Jahre vor Christus die Frauen um Lysistrata, in der gleichnamigen Komödie des griechischen Dramatikers Aristophanes, ein Ende des Peloponnesischen Krieges erzwingen. Zu Beginn der Neuzeit wiederum griff eine gewisse Johanna von Orleans in den Hundertjährigen Krieg ein, führte den späteren französischen König Karl VII. erst zu einem Sieg über Engländer und Burgunder und später auf den Thron.

Noch später, in Zürich, 1919: Während Sieger und Besiegte in Versailles jene fatalen Weichen stellten, die in den Zweiten Weltkrieg führen sollten, blieb eine Abordnung des anderen Teils der Gesellschaft, also der Frauen, nicht untätig. Gerade hatten sie in einigen europäischen Staaten das Wahlrecht erhalten und einige von ihnen bereits zuvor, 1915, die erste transnationale Friedenskonferenz von Frauen in Den Haag organisiert, aus der die bis heute aktive IFFF – Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit hervorging. Nun also, 1919, trafen sie sich in der Schweiz, um politische Ziele zu formulieren … (MEHR)

Wie diese Beispiele belegen, die mir auf die Schnelle eingefallen sind, haben sich quer durch die Menschheitsgeschichte Frauen in Kriegen engagiert – und zwar weit über die Rolle der aufopferungsvollen Krankenschwester hinaus!

Und das mit Recht, wie Diana Stachowitz, MdL und kirchenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag in ihrer Einführungsrede betonte.

Der Christinnentag 2023 war eine Veranstaltung der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag, eingeladen hatte das Forum Kirche und SPD.

Die Hauptleidtragenden in Kriegen seien schließlich vor allem die Frauen und Kinder. Ausdrücklich schloss sie sich der Forderung nach einer feministischen Außenpolitik an: „Ohne Frauen dürften keine Entscheidungen über Frauen gefällt werden!“, so Diana Stachowitz.

Eigentlich ein einleuchtendes Prinzip, das offensichtlich aber nicht oft genug beschworen werden kann: Zur Geschlechterdimension von Krieg und Frieden schreibt die Deutsche Gesellschaft für die Vereinigten Nationen am 09.3.2022:

„Für Frauen sind die Folgen von Kriegen oft besonders schlimm, zugleich tragen sie eine Schlüsselrolle beim Aufbau von Frieden. Auch in Putins Krieg gegen die Ukraine wird der Zusammenhang zwischen Geschlecht, Frieden und Sicherheit deutlich, auf den auch die UN-Resolution 1325 eingeht.“

Deutsche Gesellschaft für die Vereinigten Nationenwww.dgvn.de

Die ausdrückliche Bezugnahme auf die Sichtweise von Frauen hatte sich auch schon in der Einladung zum Christinnentag 2023 gefunden:

Wir nehmen – wie immer beim Christinnentag – die Perspektive von Frauen ein, um ein bisschen mehr zu verstehen, was es bedeutet, den Krieg zu sehen und Frieden zu wünschen.

Unsere Referentinnen stellen uns aus ihrer Perspektive zur Verfügung, was sich in ihrem Arbeitsalltag verändert hat und legen uns ihre Gedanken dazu offen.

kirche@bayernspd-landtagsfraktion.de
Von links:
Theresa Grabinger, Länderreferentin für Moldau und die Ukraine beim katholischen Osteuropahilfswerk RENOVABIS
Kapitänleutnant Annika Salomo, Jugendoffizierin und Referentin der Bundeswehr für Sicherheitspolitik
Diana Stachowitz, MdL und kirchenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag
Kirchenrätin Melitta Müller-Hansen, Beauftragte der Evang.-Luth. Kirche in Bayern beim Bayerischen Rundfunk

Nach längerer Corona-Pause kreiste die diesjährige Veranstaltung um den Ukrainekrieg, beleuchtet aus der Perspektive dreier Referentinnen ganz unterschiedlicher Prägung: karitativ, militärisch und theologisch, mit dem Ergebnis breitgefächerter und entsprechend differenzierter Sichtweisen und Analysen im Kontext.

Theresa Grabinger, Länderreferentin für Moldau und die Ukraine beim katholischen Osteuropahilfswerk RENOVABIS

Für sie bedeutete die Abberufung von ihrem Arbeitsplatz in der Ukraine kurz vor Kriegsausbruch „meine persönliche Vertreibung„. In ihrem Impulsvortrag schilderte sie ihre Erlebnisse aus erster Hand, als Mitarbeiterin einer karitativen Vereinigung für Moldau und die Ukraine und berichtete in ergreifenden Worten vom Leid und der vielfältigen Not der Betroffenen. Nach ihrem Referat waren viele feuchte Augen im Senatssaal zu sehen.

S. a. > Zu arbeiten hilft mir, dass ich nicht die Wände hochgehe

Kapitänleutnant Annika Salomo, Jugendoffizierin und Referentin der Bundeswehr für Sicherheitspolitik

Ihre Perspektive kam für mich unerwartet: Sie stellte ihre Rolle als Soldatin der als Mutter einer 7jährigen Tochter gegenüber und dazu die Frage: „Wie lassen sich Krieg und Vertreibung Kindern erklären?“ Ihr ernüchterndes Fazit: „Gar nicht.“

In ihrer Rolle als Soldatin bekräftigte sie die Verpflichtung zu Hilfestellung Freunden gegenüber, die unschuldig einem Aggressor zum Opfer gefallen seien.

Kirchenrätin Melitta Müller-Hansen, Beauftragte der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern beim Bayerischen Rundfunk

In ihrem Impulsvortrag, mit Anleihen an die feministische Theologie, analysierte sie die vielfältige Rolle der Jesus-Jüngerin Maria Magdalena als Zeitzeugin im Spannungsbogen des Sterbens und der Wiederauferstehung Christi und als Namensträgerin, als Maria aus Magdala, jener einst blühenden und um 70 von den Römern zerstörten Stadt am See Genezareth, als Synonym für so viele weitere im Krieg verwüstete Städte, doch auch als Stadt mit einem „Leuchtturm“, als Gleichnis.

Zwischen den Impulsvorträgen waren Tischgespräche eingeplant, um das Gehörte zu erörtern, wobei sich die Referentinnen und andere Gäste dazugesellten; zu meiner Freude gehörte Dr. Gertraud Burkert dazu, Münchner Ehrenbürgerin, ehemalige Bürgermeisterin und engagierte Katholikin, die ich schon bei diversen Veranstaltungen des Forums Kirche & SPD erleben durfte.

Katja Weitzel, Gastgeberin Diana Stachowitz und Dr. Gertraud Burkert

An meinem Tisch befanden sich eine ehrenamtliche Mitarbeiterin von Sankt Bonifaz, einer herausragenden Pfarrei, die sich um die Obdachlosenhilfe in München verdient gemacht hat, eine Ordenschwester sowie die eine Dame der Kinder-Palliativ-Station im Deutschen Herzzentrum München. Später setzte sich noch Katja Weitzel dazu, amtierende SPD-Bezirksrätin im Stimmkreis München Pasing, die aktuell für den Landtag kandidiert. Allein mit dieser Tischrunde hätte ich gut und gerne den Rest des Nachmittags verplaudern mögen! Und kam mir selbst, in meiner Eigenschaft als Bloggerin und Medienkünstlerin beinahe etwas profan vor 😉

Doch verband wohl so gut wie alle Anwesenden ein gemeinsamer Nenner: Unsere christliche Orientierung, was mir bei solchen Veranstaltungen das Gefühl einer gewissen Geborgenheit vermittelt.

Eine wünschenswerte Veranstaltung, die sich keinesfalls anmaßte, Lösungen aufzuzeigen, was das Dilemma im Umgangs mit dem Ukrainekrieg anbelangt, die aber reichlich Denkanstöße bot, im Kreis spirituell und sozialethisch Gleichgesinnter – und das tat so richtig gut!

Und apropos: Zu meiner Freude kam ein Langzeit-Facebook-Kontakt spontan auf mich zu: Hiltrud Schönheit, die sich als die neue Vorstandsvorsitzende im Katholikenrat der Region München entpuppte. Schön, bei weiteren Korrespondenzen nun auch die Frau hinter dem Namen präsent zu haben 🙂 Ebenfalls unter den Gästen befand sich Frau Dr. Hildegard Kronawitter, die selbst zehn Jahre für die SPD dem Bayerischen Landtag angehörte und inzwischen Vorsitzende der Weiße Rose Stiftung e.V. ist. Ein wenig später schaute auch noch Matthias Belafi vorbei, der neue Leiter des Katholischen Büros Bayern. Kein Wunder, das sich angesichts so vieler spannender Gäste die angeregten Gespräche noch bis in den frühen Abend fortsetzten.

– Für mich, nach all den Wirren der letzten Zeit, ein Silberstreif am Himmel, der sich tatsächlich aufgehellt hatte. Das ermöglichte, die Veranstaltung mit einem Empfang auf der Terrasse des Landtags ausklingen zu lassen, mit einer Logenaussicht auf die Skyline Münchens und auf eine Vegetation, deren intensives Grün aussah, wie künstlich gefiltert.


Diana Stachowitz:Als engagierte und überzeugte Christin und Protestantin lege ich in meiner parlamentarischen Arbeit einen deutlichen Schwerpunkt auf das Thema Kirche und Gesellschaft. und habe den regelmäßigen Dialog zwischen Kirche und Politik im Blick. Meine politischen Handlungen und Entscheidungen basieren auf der Grundlage christlicher Werte.

> MEHR

Diana Stachowitz, MdL


Veröffentlicht von Gaby dos Santos

GdS-Blog, Bühnenproduktionen (Collagen/Historicals), Kulturmanagement/PR > gabydossantos.com

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