Wenn ich schon nicht tanzen durfte, dann wollte ich mir wenigstens Katzen zu Gemüte führen, zumal sie gestern abend gleich bei mir um die Ecke, in Haidhausen zu finden waren – und das ausgerechnet an einem Karfreitag! So gelang Bandini, der, meinen Facebook-Eindrücken nach zu urteilen, unwiderstehlichen Anführerin der „Gangs of Katzenstadt“, was ich mir schon so lange vorgenommen hatte: Ich mischte mich für einen Abend unter das Publikum des MLb – Münchner Literaturbüros, um an den Abenteuern der Gang-Mietzen Bandini, Bonnie und Co. teilzuhaben, denn….
Ihre Welt sind Dächer, Straßen, Hinterhöfe. Sie sind schwindelfrei und fürchten nicht die Dunkelheit:
Quelle: „Gangs of Katzenstadt“, dtv, Coverrückseite
Katzen sind einfach die besseren Abenteurer.
Bereits aus diesem Zitat liest sich eine Art Ehrfurcht für Felis silvestris catus heraus, die KatzenliebhaberInnen sofort verstehen werden. An diesem Karfreitag im Zeichen der KATZE hatten wir uns uns derart zahlreich im Literaturbüro eingefunden, dass selbst noch hinter dem Autorenpaar, auf der kleinen Lesebühne Stühle aufgestellt werden mussten.
Das große Katzenabenteuer, das uns präsentiert wurde, hatte mit Corona begonnen, wie Michael Bremmer in seiner Einführung erläuterte und in einem Interview ebenfalls nachzulesen ist:
„Bandini und Bonnie sind Wohnungskatzen, für sie gilt immer der Lockdown. Und dann durften wir auch nicht mehr raus. In dieser für uns neuen Situation wollten wir wenigstens für unsere Katzen ein Abenteuer erfinden. Schließlich haben Bandini und Bonnie das Zeug zu echten Heldinnen.“ (…)
> Interview in münchen
„Gangs of Katzenstadt“ erwies sich im Verlauf des Abends zunehmend als eines der seltenen positiven Nebenprodukte der Pandemie: ein packender Katzenkrimi, dem es gelingt, seine pelzigen ProtagonistInnen derart farbig zu skizzieren, dass ich aus dem Stand in ihren Bann gezogen wurde.

Neben Bonnie, der Glückskatze und Bandini, der Gang-Anführerin aus der Katzenfutterfabrik, wurde ihr Kater-Kollege Benko skizziert, der die feline Gang im – wie könnte es anders sein? – Schlosspark leitet 😉 sowie der pseudo-philosophisch angehauchte Kater Spinoza, ein Klugscheißer erster Güte, mit Hang zum Schlüpfrigen und Chef der Müllhalden-Gang;

Harold wiederum erscheint im Buch äußerst morbide und plant zeitweilig seinen Selbstmord in allen nur möglichen Varianten. Und dass in der Ballettschule eine Paris maunzt, fügt sich ebenfalls ins Bild…
Dito, dass elitäre Katzen wie Hunter ihr „First Class“-Revier nicht in Grünwald oder im Grunewald, sondern stilgerecht in Katzenwalde mit allen Krallen verteidigen.
Den Katzen wird nicht nur ein schrecklicher Mord in die – O-Ton Michael Bremmer – „Pfoten geschoben“ – sondern auch viele menschliche Un- und Eigenarten, deren Absurdität, im Pelz betrachtet, erst richtig zur Geltung kommen. Dabei strotzen die Geschichten nur so von Einfällen: Im AutorInnen-Doppelpack duplizieren sich ganz offensichtlich auch die Ideen. Zudem profitieren die Geschichten davon, dass Veronika Grüning, als Grafikerin, Geschichten in Bildern denkt und Michael Bremmer, als Redakteur der Süddeutschen Zeitung, den ständigen Umgang mit Worten pflegt. Entsprechend reihen sich, Bildtafeln ähnlich, in flüssigem Stil ausformulierte Kapitel wie Miniaturen aneinander, was in diesem Fall die geschilderten Szenen belebt, ohne den Spannungsbogen aufzuheben.
Pressestimmen
Süddeutsche Zeitung: „Der Fantasy-Thriller ist fein illustriert und sprengt fauchend alle Genregrenzen.“
IN München: „Kein klassischer Katzen-Content. Aber Lesefutter mit suchtartiger Weiterlese-Wirkung.“
egoFM: „Ein rasanter, kurzer, schräger Thriller und auch eine Fabel um das Recht des Stärkeren, um Korruption und die Gentrifizierung im Katzenmilieu.“
Geliebte Katze: „Erleben Sie ein düsteres und stimmungsvoll illustriertes Abenteuer.“
Schweizer Katzen Magazin: „Scharf geschnittene, schnelle Szenen, ein düsteres Setting, Helden, die die Krallen ausfahren. Dieses Buch ist pures Kino. Wild und witzig illustriert.“
Leselust: „Spannend, mitreißend, überraschend – ein Katzenkrimi, wie Sie ihn garantiert nicht erwarten!“
Wie aus den Pressestimmen hervorgeht, besticht „Gangs of Katzenstadt“ nicht nur jene, die Katzen längst verfallen sind! So gestand Josef Rohrhofer, der Gastgeber des Abends sinngemäß, dass er dieser „Katzengeschichte“ mit einem gewissen Fatalismus entgegen gesehen habe, sich im Nachhinein jedoch freue, sie erlebt zu haben. Zudem moderierte er sowohl einfühlsam, wie auch kompetent. SZ-Urgestein Karl Forster beschrieb ihn bereits 2016 in einem Artikel:

„Josef Rohrhofer, ‚Bebbo‘ genannt, von Beruf Abteilungsleiter bei der Caritas, ist, was man landläufig als „guten Geist“ des Hauses oder auch „Betriebsnudel“ bezeichnen könnte:
Karl Forster, SZ, 2016
Wortgewandt, sprechbereit in allen Lagen, den Dichterschal locker um die Schultern gelegt, erzählt er fröhlich von der Geschichte des Vereins (…)“
Und die ist lang, reicht zurück ins Jahr 1984, als das Münchner Literaturbüro von einer Gruppe AutorInnen gegründet wurde, die sich seit 1978 regelmäßig im Haidhausen Museum getroffen und ausgetauscht hatte. Am diesem Karfreitag fand bereits die 2144ste Lesung statt, wie seit 40 Jahren JEDEN Freitag, selbst an Heiligabend, mit Ausnahme der Sommerferien im August!!!
„Ziel des MLb ist es unter anderem, Schreibenden eine Gelegenheit zu bieten, ihre Texte einer kritischen Öffentlichkeit vorzustellen. Im Gespräch mit dem meist ebenfalls schreibenden Publikum bekommt der Vortragende eine erste Resonanz und meist gute Anregungen, wie er seine Texte sprachlich, inhaltlich und strukturell noch verändern könnte.“ (…)
Das Münchner Literaturbüro – Haidhauser Werkstatt e.V.
Die AutorInnen erwartet im MLb also genau jene Art von kritischer Resonanz, die man sich als Schreibende/r mitunter zwar gerne ersparen würde, die aber leider unverzichtbar ist, weil man irgendwann den Wald vor lauter Bäumen, respektive den Text vor lauter Worten nicht mehr sieht. Hingegen rezensiert durch ein literaturversiertes Publikum, erhält man unter Umständen genau jenes Feedback, das eine Textschwäche konkret benennen und so zur erfolgreichen Fertigstellung eines Manuskriptes beitragen kann.

Bei Gangs of Katzenstadt handelte es sich, neben Passagen aus dem bereits veröffentlichten Band, um Auszüge aus dem zweiten Teil, der aktuell entsteht und meiner Meinung nach an den gekonnten Stil des ersten Teils nahtlos anknüpft – bei Fortsetzungen keineswegs selbstverständlich.
Darf ich vorstellen? „Katzenstadt“ heißt nicht nur so, sondern sieht bei Bremmer-Grüning selbstverständlich auch so aus 😉
Allerdings birgt die intensive Auseinandersetzung mit Texten, wie sie im MLb gepflegt wird, auch ein Problem: Wie umgehen mit einem hervorragend geschriebenen Text, dessen Anspruch jedoch allein die intelligente Unterhaltung ist? Hier nach klassischen Maßstäben rezensieren zu wollen, könnte leicht zum Abdriften in eine Loriot’sche Version deutscher Ernsthaftigkeit führen. Das spürte auch das Publikum, sparte längere Kritiken weitgehend aus und quittierte den Abend mit warmem Applaus. Nicht nur ich, sondern so gut wie alle, scheint mir, genossen die zwei prallen Lesestunden, die uns das MLb ermöglicht hatte, und die mich, in puncto Spannung, an so manche literarische Abenteuer-Exkursion aus meiner Kindheit erinnerten.

Ein dickes Merci an dieser Stelle an das Team des MLb!
🙂
Wie so oft, verdanke ich auch dieses stimmige Kulturerlebnis einer jener privaten Initiativen, die sich mit Herzblut ohne Ende und kaum Budget, über Jahrzehnte kulturell einbringen.
Daher widme ich ihnen seit jeher gerne und voller Wertschätzung Blogbeiträge, weil sie das sind, was ich zurückzugeben vermag.
Als Künstlerin und Veranstalterin weiß ich schließlich selbst nur zu gut um das Ausmaß solcher Engagements und ihren Wert für die Kulturszene einer Stadt…
Nachwort
Die meiste Zeit als diese Abenteuergeschichte entstand, saß Bandini auf dem Schreibtisch. Die Situation passte ihr überhaupt nicht. Ihr gefiehl es nicht, dass sie nicht im Mittelpunkt stand. Dass diese Geschichte mehr Aufmerksamkeit erhielt als sie. All das gefiel ihr überhaupt nicht. Bandini drückte gegen die linke Hand, die gerade tippen wollte. Bandini stupste die rechte Hand an, die gerade die Computermaus bewegte. Bandini setzte sich mitten vor den Bildschirm und verdeckte die gerade geschriebenen Sätze. Sie legte die Pfoten auf die Tastatur. „qwqwqwqwqwqwqw“, tippte Bandini.

Was Glückskatze Bonnie – links rückseitig in natura sowie von Frauchen portraitiert – von der Geschichte hält, ist nicht überliefert.
Was aber obiges Nachwort aus „Gangs of Katzenstadt“ anbelangt, so kommt die darin beschriebene Situation KatzenbesitzerInnen sicher nicht ganz unbekannt vor…

Mehr zu diesem runden Abend ist auf der Homepage des MLb, im Abendbericht von Beppo Rohrhofer nachzulesen, mit Fotos von Susanne Görtz >
www.muenchner-literaturbuero.de

> LINK
zur Verlagsseite des Buches

Die Titel-Collage von Gaby dos Santos
zeigt das Autoren-Paar Veronika Grüning und Michael Bremmer während der Lesung am Karfreitag 2024 aus „Gangs of Katzenstadt“ im Münchner Literaturbüro. Einmontiert sind Ansichten von Bandini sowie das GdS-Logo, die Theatermaske mit Perlenträne
Rechts Josef ‚Bebbo‘ Rohrhofer vom MLb,
Moderator der Veranstaltung
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