„Lyrik hat ein Recht darauf, verständlich zu sein!“ Jörn Pfennig – „Grundlos zärtlich“ – und dessen KLARTEXT LYRIK sowie meine Begegnung mit seiner literarischen Kunst!

Mit einem Lyrik-Band – noch dazu mit einem Erstlingswerk – einen Bestseller zu landen, gelingt nur äußerst selten. Jörn Pfennig ist seinerzeit genau dies gelungen! Er erinnert sich später:


Cover des Lyrik-Bestsellers im Heyne-Verlag

Eigentlich hatte ich bis dahin ja ‘nur’ Songtexte geschrieben, als ich 1979 die Bekanntschaft machte mit meinem allerersten Verleger. Der fragte mich, nachdem ich auf einer Veranstaltung etwas vortragen hatte, ob ich noch mehr solcher Texte hätte und ob wir daraus nicht ein Buch machen sollten. Gute Frage!

Zwecks der Seriosität nennt man so ein Buch im Untertitel dann nicht ‘Songtexte’ sondern ‘Gedichte’. Um dieser Kategorie tatsächlich auch gerecht zu werden, machte ich mich hochmotiviert und mit großem Vergnügen ans Dichten von wahren, verdichteten Gedichten und schrieb mir das aus Seele, Kopf und Bauch, was sich dort jeweils angesammelt hatte zum Thema ‘Liebe usw.’ Diese neuen Gedichte streute ich dann unter die schon fertigen Songtexte, und schon war der seriösere Untertitel gerechtfertigt!


Eine Liebe lang
Sie will ihn immer lieben
ein ganzes Leben lang
schon immer sich suchend
für immer gefunden
das Zauberwort ewig
das Zauberwort treu
dieser unwiderstehliche Drang
nach dem immerwährenden
Glück einer Liebe
dem Traumtanz am Abgrund entlang.


Sie will ihn immer lieben
er will sie immer lieben
sie wollen sich lieben
über die Grenzen der Zeit
verdorben durch Träume
Erlebtes, Versäumtes
verdorben durch Märchen
Enttäuschung und Sehnsucht
nach jener Unendlichkeit
endlich grenzenlos
unendlich begrenzt
vom Freisein glücklich befreit.


Sie will ihn immer lieben
er will sie immer lieben
sie wollen sich lieben
ein ganzes Leben lang
sie wird ihn lieben
er wird sie lieben
eine ganze Liebe lang …

Du bist in mein Leben geflogen
wie ein Zugvogel
der sich auf dem Weg in die Wärme
mit Absicht
in der Richtung getäuscht hat
und ich
ich werde fest daran glauben
dass es mir gelingt
dich vorm Erfrieren zu bewahren


Vom Suchen
Wir haben uns gefunden
als wir uns nicht suchten.
Hätten wir uns gesucht
wäre es gut gewesen
uns nicht zu finden
denn auf keinen Fall
hätten wir einander
weh tun wollen.


Was du an Liebe brauchst
kann ich allein nicht geben.

Was ich an Liebe geben kann
ist für dich allein zuviel.

So wie es war
Wir trafen aufeinander
unvorbereitet
waren wir mutig oder war es
Selbstverständlichkeit?
Wir sollten nicht fragen
warum es war
wir wissen nur, wie es war
und du weißt es anders als ich.
Ich will deine Gedanken nicht erraten –
vielleicht aus Furcht.
Für mich kann ich nur sagen:
ich glaube, es war selbstverständlich
dass wir uns trafen –
so wie es


Zum 40. Jubiläum seines Erstlings „Grundlos zärtlich“ (und zu seinem eigenen 75!) gönnt sich Jörn Pfennig mit einem sehr persönlichen neuen Buch eine ’selektive Rückschau‘ auf seine in den Achtzigern und Neunzigern erschienenen fünf Lyrikbänden, aus denen er jeweils zwanzig Gedichte ausgewählt hat, die ihm nicht nur besonders nahe liegen, sondern die ihm auch besonders geeignet scheinen zum Nachdenken darüber anzuregen, was es mit dem trefflichen Sinnspruch auf sich hat: „Alles wird anders, aber nichts ändert sich“ … (aus dem PR-Text)

Dieser Spruch steht auch für die Wiederbegegnung zwischen Jörn Pfennig und mir, nach einigen Jahren „Sendepause“, auf dem Jazzfest 2016.


Zuvor waren wir in der Zeit zwischen 1992 und 2000 in regelmäßigem Austausch gestanden. Gehört hatte ich schon zuvor von ihm. So stand sein „Grundlos zärtlich“ bei meiner Freundin im Bücherschrank. Als mir dann auch noch Jazzgeiger Hannes Beckmann – damals noch mein Lieblingskumpel, später meist Lieblingsfeind – von einem Musikerkollegen, einem gewissen Jörn Pfennig, erzählte, der zudem auch noch dichtender Bestseller-Autor sei, war mein Interesse geweckt. Ich lieh mir von meiner Freundin den Gedichtband aus und fand mich, wie über eine halbe Million weiterer deutscher Leserinnen und Leser, in seinen Zeilen wieder, in seinen Sehnsüchten, Zweifeln und Erkenntnissen – und in seiner Einstellung bezüglich der Monogamie. Damals lag gerade eine Phase hinter mir, in der ich zeitweise zwei Männer gleichzeitig, aufrichtig und von ganzem Herzen geliebt hatte, mit dem durchschlagenden Ergebnis, beide in meinem Leben verloren zu haben … Dennoch zweifelte – und zweifle ich bis heute – ob die Monogamie wirklich so in uns verankert ist, wie uns Kultur und Religion nahelegen – oder vielleicht auf einen Mangel an Eigenliebe und Selbstbewusstsein zurückzuführen sind … mit einem entsprechenden Bedarf an Besitzansprüchen.

Jörns Texte jedenfalls brachten in verdichteter Form auf den Punkt, was auch mich umtrieb, ich aber so nicht auszudrücken vermochte. So wie ein Bild mehr sagt, als die berühmten tausend Worte , fassen sich im sprachlichen Pendant zum BILD, dem GEDICHT, Myriaden gedanklicher und emotionaler Vorgänge zusammen. Erst recht, wenn ein messerscharfer Verstand am Werk ist, denn ein gutes Gedicht hat, bei all seinem Potential an emotionalen Spielarten, auch immer etwas Sezierendes an sich. Jörns Texte zu lesen bedeutete damals für mich nicht nur, tief in seine Bilderwelt einzutauchen, sondern auch, dabei selbst einen seelischen Aderlass zu erleben und zu reflektieren. So setzte ich alles daran, persönlich seine Bekanntschaft zu machen, um mich im direkten Kontakt noch intensiver mit ihm auszutauschen und meine Gedankenwelt an seiner zu reiben.

Bald stellte ich aber auch fest, dass gerade die Klarheit seiner Sprache dazu führte, dass seine Texte, auf Grund ihrer Eindeutigkeit, vielfach als Plattitüden verunglimpft wurden. Für mich eine Unsitte, die sich im übrigen auf den gesamten Kunstbereich erstreckt:

Warum um alles in der Welt muss Kunst, um in sogenannten „Expertenkreisen“ für gut befunden zu werden, stets schwer zu erfassen,
ja sogar teilweise unverständlich sein?

Gaby dos Santos, begeisterte Anhängerin von Klartext-Kunst jeglicher Couleur

Die selbe Einstellung findet sich auch im Bereich der Bildenden Kunst wieder, maßgeblich was die (Nicht)Akzeptanz von Gegenständlicher/Realistischer Kunst anbelangt.

Auch durch die Musikwelt zieht sich diese Haltung, mit der unsäglichen Unterscheidung zwischen „E“ und „U“ (Ernste Musik und Unterhaltungsmusik). Durch die Richtlinien bzw. „Fachjurys“ der LH München, zur Förderung von Kunst und Kultur, sowieso. Da frage ich mich schon, mit welchem Recht eigentlich Urteile aus dem überschaubaren Kosmos akademischer Elfenbeintürme darüber entscheiden, welcher Art von künstlerischem Ausdruck Zustimmung gebührt, während der mehrheitliche Zuspruch für einen Song, ein Buch, einen Film etc. von selbsternannten Hochkultur-VertreterInnen gern als tumber Massengeschmack disqualifiziert wird?

Bei Jörn Pfennigs Gedichten handle es sich um „Gebrauchslyrik“ bekam ich wiederholt zu hören. „Ja bitte, dann unbedingt her damit“, kann ich da nur erwidern! Ich empfinde Kunst als eine – im besten Fall weiterführende – Reflektion der realen Welt mit schöpferischen Ausdrucksmitteln. Als solche wünsche ich sie mir auch eng mit meinem Alltag verwoben und im öffentlichen Raum vertreten, als sehr reale, gut greifbare Lebensstütze zur täglichen Bereicherung. Solcherart Umgang mit Kunst schließt zudem keineswegs – ab und an – den großen Opernabend im Kulturtempel aus.

Eine Auswahl an Gedichtsbänden von Jörn Pfennig -> MEHR

Entsprechend begleiten mich Jörns Gedichte und ebenso die Prosa, beispielsweise aus seinem „Lesebuch“, seit nunmehr !dreißig Jahren; immer wieder gerne nehme ich sie zur Hand, lese mal das eine, mal das andere und beobachte mich selbst dabei im Wandel der Zeit, anhand der Reaktionen und immer neuen Gedankengänge, die die Lektüre bzw. Lese-Prisen aus Jörns Werk in mir auslösen. Bemerke dabei auch, wie sich meine Prioritäten bei der Textauswahl verschieben, fort von der vorrangigen Auseinandersetzung mit dem Thema „Liebe“ in jüngeren Jahren, hin zu den, in pointierten Gedankengängen verdichteten, weltanschaulichen Themen, die sich in Jörns literarischen Arbeiten ebenso finden.

Eine Auswahl weiterer Veröffentlichungen von Jörn Pfennig -> MEHR

Dabei muss ich einer politischen oder weltanschaulichen Betrachtung nicht unbedingt zustimmen. Alleine die Auseinandersetzung mit Inhalt und Form empfinde ich als sehr reizvoll, weil sie meinen Denkapparat in Gang setzt. – Zur Zeit, da bei mir die Liebe einen Dornröschenschlaf hält – Dennoch besetzt Jörns Liebeslyrik nach wie vor bei mir den Logenplatz – gestattet sie doch Einblicke in eine Männerseele, die mir als Frau sonst nicht so auf den Punkt gebracht zugänglich wäre.

Seiner sehr persönlichen Lyrik-Retrospektive widmet er jetzt einen neuen Gedichtsband mit einem programmatischen Titel, der bei mir, aus den oben erläuterten Gründen, offene Türen einrennt: „Klartext Lyrik„. Natürlich reizt mich auch die assoziative Annährung an Texte, das Entschlüsseln lyrischer Botschaften, aber innerhalb einer definierten Struktur, die mir emotional und rational den Weg weist, stets zu dem, „was das eigentlich soll“! Und – zeugt nicht gerade die Fähigkeit zu klarer, pointierter Sprache von schriftstellerischem Können?

VerlagEdition Talberg
ErsterscheinungJuli 2020
Maße196 mm x 125 mm x 10 mm
Gewicht177 Gramm
FormatHardcover
ISBN-139783943869163
AuflageNicht bekannt
Seiten80

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Das letzte Wort gebührt dem Dichter selbst. Entnommen habe ich es, wie so vieles, seiner lesenswerten, bebilderten Homepage:

Am Anfang war gar nichts.
Aber dann: Worte, Worte, Worte …

                              (Selbstverschuldet)

www.joernpfennig.de



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Veröffentlicht von Gaby dos Santos

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