„Die unheilvolle Narbe“: Dokumentarfilm von Constanze Hegetusch zu den medizinischen Versuchen an Sinti-Kindern in der NS-Zeit, aus der Reihe „Lebenslinien“
Rita ist Zwilling. Doch ihre Zwillingsschwester stirbt bei medizinischen Experimenten durch die Nationalsozialisten. Rita überlebt schwer verletzt und wird ihrer Mutter zurückgegeben. Fortan sind Mutter und Tochter symbiotisch verbunden. Seite an Seite kämpfen sie für die Anerkennung der Sinti und Roma als Opfer des Nationalsozialismus und um Wiedergutmachung.
Weil Ritas Mutter Sinteza ist, soll sie 1942 zwangssterilisiert werden. Als sich herausstellt, dass sie mit Zwillingen schwanger ist, wird sie verschont. Sofort nach der Geburt nimmt man ihr die beiden Mädchen und missbraucht sie für medizinische Versuche. Das eine Mädchen stirbt, Rita wird der Mutter nach einem Jahr zurückgegeben – mit einer schweren Verletzung am Kopf. Mutter und Tochter leben fortan ein symbiotisches Leben. Als Rita 14 Jahre alt ist, gründet ihre Mutter einen Verein, der für die Anerkennung der Sinti und Roma als Opfer des Nationalsozialismus kämpft und sich für Wiedergutmachung stark macht.
Auch Rita wird zur Aktivistin. Mit Anfang 20 verliebt sie sich in einen amerikanischen Soldaten, der in Würzburg stationiert ist. Sie heiraten und bekommen zwei Kinder. Als er wieder zurück in die USA muss, geht Rita mit. Sie leidet jedoch sehr unter der Trennung von der Mutter. Die Ehe zerbricht und Rita muss immer häufiger nach Deutschland, um für ihre eigene Wiedergutmachung zu kämpfen. So entscheidet sie sich schweren Herzens, die USA und ihre beiden jugendlichen Kinder zu verlassen und zur Mutter zurückzuziehen. Als diese 2004 stirbt, führt Rita die politische Arbeit weiter. Sie tritt als Zeitzeugin bei Veranstaltungen in der ganzen Welt auf. Sooft sie kann, fliegt sie zu ihren heute erwachsenen Kindern und Enkeln in die USA. Als Oma würde sie so gerne die Zeit nachholen, die sie als Mutter versäumt hat.
Als Zeitzeugin ruft Rita Prigmore heute vor allem junge Leute dazu auf, gegen Rassismus zu kämpfen.
Aufrufbar in der Mediathek 24.01.2022 – 24.04.2022
… Obiges Bild steht für das versöhnliche Ende eines Films, von dem ich – als Mutter und Großmutter – im Vorfeld nicht wusste, ob ich ihn überhaupt würde aushalten können … Dass ich es dann doch konnte, ist der lebensbejahenden Haltung der persönlichkeitsstarken Protagonistin Rita Prigmore zu verdanken sowie der einfühlsamen Erzählweise von Filmemacherin Constanze Hegetusch.
Dabei steht die „Lebenslinie“ Rita Prigmores exemplarisch für viele Sinti und Roma in der Nachkriegszeit, denen die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe lange ebenso verwehrt blieb, wie Wiedergutmachungszahlungen für das ihnen im Dritten Reich zugefügte Leid.
Meiner Meinung nach ein unbedingt sehenswerter Dokumentarfilm aus der Reihe Lebenslinien im Bayerischen Rundfunk.
– Intensive Eindrücke und Überlegungen zum Jahrestag der Blutnacht, vom 2. auf den 3. August 1944, im „Zigeunerlager“, in Auschwitz-Birkenau, dokumentiert von Maria Anna Willer
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