Aus Polit-Aktivismus wurde ein Kunsthappening… als Fotograf Sigi Müller zum Unterschriftenstand von Christian Udes Sommerwette „stadtspazierte“

Als ich meinen Kumpel Sigi Müller darauf ansprach, ob er sich an Christian Udes Unterschriftensammlung gegen Rechtsextremismus beteiligen würde, sagte er sofort zu, aufgrund der Überparteilichkeit, mit der diese Aktion angelegt sei. Und – sinngemäß – gegen den wachsenden Rechtsextremismus etwas zu unternehmen, da sei er natürlich dabei! In dieser Reaktion spiegelte sich der gemeinsame Nenner wieder, auf den wir uns stets einigen können, selbst wenn wir zuvor leidenschaftlich debattiert haben… In unserer Freundschaft leben wir definitiv Demokratie aus!

Gaby dos Santos mit Fotograf und AZ-Kolumnist Sigi Müller, auch bekannt als „Stadtspaziergänger“, Stachus/20.8.2024; Foto: Susanne von Lieven-Jell

Dass Sigi sich bei seinem Besuch am Stand nicht mit einem schlichten Autogramm auf einer 500 Meter langen Papierrolle begnügen würde, war mir klar: So wie ich mir meine Umwelt in Worten bewahre, scannt er die seine unablässig mit dem Adlerauge des Fotokünstlers ein, um sie dann innerhalb des Bruchteils einer Sekunde in bestechenden Momentaufnahmen einzufangen.

Zunächst schoss er einige Detail-, Einzel- und Gruppenaufnahmen, um die ich ihn gebeten hatte, um im Zuge unserer Unterschriftenkampagne daraus Elemente für Bildcollagen zu generieren.

Großes Foto: Sebastian Roloff, MdB und Mitglied von „Nicht mit uns!“ e.V.; alle 3 Fotos stammen von Sigi Müller

Dann aber übernahm Sigis schöpferische Seite mehr und mehr die Fotosession, und er begann wieder einmal „mit Licht zu malen„, wie er diesen Vorgang selbst beschreibt. Wie das innerlich abläuft bleibt sein Geheimnis, nur nimmt ab da jede seiner Momentaufnahmen eine Wendung ins buchstäblich malerische, ganz gleich, ob er eine Führungskraft der Landeshauptstadt München bei einem Pressetermin ablichtet, einen vollen Mülleimer auf dem Tollwood-Gelände – oder vier Mitglieder eines Vereins, auf der händeringenden Suche nach 100.00 Unterschriften gegen Rechtsextremismus , bis 1. Oktober! 😉

Gaby dos Santos, Tobias Irl und Susanne von Lieven-Jell, Mitglieder von „Nicht mit uns!“ e.V, am Münchner Stachus fotografiert von Sigi Müller, 20.8.24

Trambahn, Autos, Springbrunnen, Pinihaus und selbst der architektonische Schuhkarton, der neuerdings das Hotel Köningshof beherbergt, schienen sich mit uns farbtechnisch abgesprochen zu haben und verschwammen zu einem wunderbar gefälligen Hintergrund, „wie bestellt“.

Susanne von Lieven-Jell, portraitiert von Sigi Müller; ein gutes Beispiel für seine Fotokunst; Karlsplatz/Stachus, 20.8.2024

Zu guter Letzt verabredete sich „AZ-StadtspaziergängerSigi Müller noch spontan mit Stephan Rescher zu einem Tandemtreffen moderner Münchner Herolde an unserem Unterschriftenstand:

Stephan (links im Bild) betreibt nämlich seit Jahren, gemeinsam mit Iris Dawid, das Internet-Portal Nachrichten München.

Große Wiedersehensfreude meinerseits, nicht nur wegen der Unterschrift, die er unserer Sammlung beisteuerte, sondern weil ich Stephan seit der Feier zu meinem 30. Bühnenjubiläum im Januar nicht mehr gesehen hatte. Zum Abschied folgte noch das gegenseitige Versprechen, jetzt endlich mal den lang geplanten, gemeinsamen Besuch nach Hellabrunn zu schaffen! Ach, wer von uns kennt diese wunderbaren Pläne nicht, die allzu oft, angesichts der zunehmend davon rasenden Zeit, an den Grenzen des Kalenders scheitern 😦 Aber diesmal schaffen wir es bestimmt noch BEVOR es wieder schneit… 😉

Stephan Rescher fotografiert von Sigi Müller, beim Unterschreiben gegen Rechtsextremismus; Stachus, 20.8.24

Gerade bei ständig proppevollem Terminkalender, bieten öffentliche Stände den Vorteil, in relativ kurzer Zeit relativ vielen, teils sehr unterschiedlichen Menschen zu begegnen und dabei unerwartete Erkenntnisse zu gewinnen, wie Susanne von Lieven-Jell in nachstehendem Post schildert:

never judge a book by its cover!

Das ist eine meiner wichtigsten Erfahrungen bei der Unterschriftenaktion. Da kamen Leute auf mich zu, über die ich spontan dachte, oje, das ist bestimmt eine ganz rechte Socke, oder so ein „Spießlhuber“, der meckert jetzt bestimmt nur, oder die Frau, das ist bestimmt eine von uns, oder Achtung, das gibt jetzt gleich Ärger. Ich war der Meinung, ich habe einen Blick für Menschen. Mitnichten. Ich bin voller oberflächlicher Vorurteile und muss mich da wirklich hinterfragen und mal mein festgefahrenes Menschenbild neu justieren!

Ich hätte nie gedacht, dass es so eine Freude bereiten kann, mal so richtig unters Volk zu gehen. (Ich hatte es mir bislang sehr bequem unter meiner Käseglocke eingerichtet).

Die Begegnungen mit 10.000den unterschiedlichster Menschen ist eine solche Bereicherung.

Dass ich gerade bei Themen wie Rassismus, Rechtsextremismus, Antisemitismus und Diskriminierung so viele beglückende Erfahrungen machen darf, hätte ich niemals erwartet. Ganz im Gegenteil!

Natürlich gibt es auch unschöne Begegnungen mit tumben Blockwart-Persönlichkeiten, und man muss sich mitunter gruselige Bemerkungen und widerliche Blicke gefallen lassen. Aber diese Momente sind erstaunlicherweise verschwindend gering.

Vielmehr ergeben sich viele konstruktive Gespräche, die deutlich machen, dass ein Dialog möglich ist. Hauptsächlich bekommen wir von den Menschen ein herzliches Dankeschön für unsere Aktion und, wie wichtig es sei, dass immer wieder wachgerüttelt wird. Die meisten haben Angst, was am 01.09. in Thüringen auf uns zukommen wird. Sicher wird unsere Aktion nicht die Welt bewegen, aber nichts tun, ist doch auch keine Option, oder?

Viele Menschen setzen gerade in München kleine Zeichen, die in der Summe vielleicht irgendwie doch wahrgenommen werden? (…)“ [Ende FB-Post, 20.8.24]

Einige Stunden an einem öffentlichen Stand verschaffen tiefere Einblicke in die Befindlichkeiten der BürgerInnen, als jedes Polit-Barometer! – Einschließlich den eigenen! Wobei die meinen sich mitunter schwer tun, jene Debattenkultur an den Tag zu legen, die ich am Anfang des Beitrags als so zielführend zwischen Sigi Müller und mir gepriesen habe und als eine DER Grundvoraussetzungen für Demokratie.

Doch Debattenkultur lässt sich leichter propagieren, als umsetzen, wie ich bei Standgesprächen immer wieder an mir selbst feststellen musste, überfordert im Umgang mit so einigen befremdlich anmutenden Meinungsäußerungen, wie sie auch Susanne in ihrem Post erwähnt.

Solche trotzdem mit Respekt zur Kenntnis zu nehmen, verlangen die Spielregeln der Demokratie. Eigentlich –

Wie gesagt ertappe auch ich mich, im real demokratischen Praxistest, als tendenziell noch bei

Setzen, sechs! 🙂

Abgesehen von diesem etwas frustrierenden Nachholbedarf bezüglich meiner Debattenkultur, hält der Unterschriftenstand immer wieder neue Gänsehaut- Momente für mich bereit.

Besonders berührt haben mich sehr junge Leute, Schülerinnen und Schüler, die sich, da wohl teilweise noch schüchtern, gegenseitig bestärkt und schließlich ein Herz gefasst haben, sich unserem Stand zu nähern und zu unterschreiben.

Besonders goldig fand ich Amelia, ein kleines Mädchen im Vorschulalter, die mit ihren Eltern an den Stand kam, und es sich nicht nehmen ließ, zu tun, was sie bereits gelernt hatte: Ihren Namen auf unserer Papierrolle zu buchstabieren.

Gemeinsam eingetragen haben sich auch eine recht betagt wirkende Dame und ihre beiden etwa 12jährigen Enkelkinder. Deren Unterschriftenaktion strahlte eine beneidenswerte Einigkeit über mehrere Generationen hineweg aus!

Obgleich die Umfragen nach der Europa-Wahl eine erschreckend hohe Anzahl an ErstwählerInnen bei der AfD verorten, lassen mich solche kleinen, feinen Episoden am Stand wieder hoffen, dass wir unsere Jugend keineswegs an Rechtsaußen verlieren werden…


FAZIT:

Es mag eine Reihe bedenklicher Parallelentwicklungen zur Weimarer Republik geben, doch erlebe ich, zumindest in München, eine historisch sensibilisierte Bevölkerung, die jegliche Art von nationalsozialistischer Blaupause vehement ablehnt.

Dass die beiden nächsten Tage, am Mittwoch, 21. und Donnerstag, 22. August, jeweils 12h – 18h, die Feldherrnhalle zum Schauplatz unserer Unterschriftensammlung wird, fügt sich aus historischer Sicht stimmig ins Bild.

Brandaktuelles Foto von Susanne von Lieven-Jell mit unserem Stand nunmehr an der Münchner Feldherrnhalle; 21.8.24

Auch unterschrieben und ein Video-Statement aus dem Stegreif abgegeben hat Patricia Koller, Aktivistin für Behindertenrechte. Die Haltung, die die AfD gegenüber Menschen mit Behinderung und deren gesellschaftlicher Inklusion vertritt, ruft deren Verbände zur Zeit besonders auf den Plan!

Da Patricia Koller jedoch unseren Stand erneut besuchen wird, widme ich ihr erst bei späterer Gelegenheit einen übergreifenden Beitrag.


Leider verpasst habe ich Christine Prunkl, stellvertretende Vorsitzende des Münchner Kulturforums.


Die meisten Fotos in diesem Bericht stammen von Fotograf Sigi Müller/alle Rechte vorbehalten!, der sie uns netterweise für diesen Beitrag zur Verfügung gestellt hat.

Das Titelmotiv beruht ebenfalls auf einem Foto von ihm (s. rechts), das Gaby dos Santos, durch einige zusätzliche Elemente, zu einer Bildcollage umfunktioniert hat.

Die Wette des Jahres 20.8.24 Foto Sigi Müller

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